Aus: EinsfürSieben, Zeitschrift des Studentenwerkes Leipzig, Oktober 2007
Eigentlich könnten wir uns freuen. In §6 der Arbeitsfassung vom 25.05.2007 des neuen Sächsischen Hochschulgesetzes (SächsHSG) soll die Studiengebührenfreiheit festgeschrieben werden. Klingt grundsätzlich vernünftig. Allerdings hat diese Freiheit einen faden Beigeschmack. Diese gilt nur für das Erststudium bis zu einem berufsqualifizierenden Abschluss. In Zeiten von Bachelor-Abschlüssen ist diese Freiheit sehr begrenzt. Aufbaustudiengänge sowie Zweitstudium sollen künftig kosten, wobei einige Masterstudiengänge gebührenfrei bleiben könnten. Lebenslanges Lernen, wie es immer gefordert wird, scheint teuer zu werden.
Die Gruppenuniversität scheint künftig ausgedient zu haben. Zumindest könnte mensch auf diesen Gedanken kommen. So soll nach den Plänen des SPD-geführten Wissenschaftsministeriums das Konzil, das höchste beschlussfassende Gremium an Sachsens Hochschulen, abgeschafft werden. Stattdessen wird ein Hochschulrat gegründet – und der soll zu Dreivierteln aus Hochschulexternen bestehen. Mindestens die Hälfte der Mitglieder soll von der Staatsregierung, der Rest vom Senat benannt werden. Immerhin dürfen Studierende als VertreterInnen im Senat auch einen Vorschlag unterbreiten.
Was das für die demokratischen Strukturen an einer Hochschule bedeutet, kann sich jedeR ganz einfach ausrechnen. Die Mitbestimmung der vier Gruppen (ProfessorInnen, wissenschaftliche MitarbeiterInnen, sonstige MitarbeiterInnen und Studierende) auf höchster Ebene ist faktisch nicht mehr vorhanden.
Viel Besseres hat die Landesregierung mit dem akademischen Senat auch nicht vor. Zwar sollen weiterhin alle vier Gruppen vertreten sein, aber die Größe wird deutlich verschlankt. Die Hauptleidtragenden sind, wie eigentlich immer, die Studierenden. Bei maximal 17 zukünftigen SenatorInnen muss laut Gesetzesentwurf die HochschullehrerInnenmehrheit gewahrt bleiben, so dass vielleicht drei KommilitonInnen dann noch Rede- und Stimmrecht im Senat haben werden.
Nicht so schlimm, könnten jetzt einige sagen. Stimmt eigentlich, weil der Senat auch fast nichts mehr zu entscheiden haben soll. Über Berufungen und die Genehmigung von Studiendokumenten beispielsweise soll künftig das Rektorat in Eigenverantwortung entscheiden. Der Senat ist degradiert zur Verabschiedung fakultätsübergreifender Ordnungen und zur Rektorenwahl, wobei der/ die KandidatIn vom Hochschulrat vorgeschlagen wird. Sonst darf der Senat noch zu allem Stellung nehmen.
Neben der bevorstehenden Entdemokratisierung der sächsischen Hochschulen plant die Landesregierung auch den großen Wurf der Personalautonomie und greift die gesetzlichen Flächentarifverträge an. So wird beispielsweise die TU Dresden in einem Modellversuch stellvertretend für die sächsischen Hochschulen beweisen können, dass das Rektorat verantwortungsbewusst mit den Steuergeldern des Landes umgehen kann. Leidtragende werden sicherlich die MitarbeiterInnen sein, da die Summe der zur Verfügung gestellten Personalmittel nicht steigen wird, sondern lediglich eine Umverteilung erleichtert wird. Die Personalautonomie an Hochschulen für die Förderung der Eliten und Spitzenforschung greift somit in die Rechte und Pflichten der wissenschaftlichen und sonstigen MitarbeiterInnen ein. Die HochschullehrerInnen werden von den Regelungen nicht berührt, da diese weiterhin nach Landesbesoldungsgesetz entlohnt werden und in aller Regel Beamte des Freistaates Sachsen sind.
Das neue SächsHSG wird seit über zwei Jahren erarbeitet und steht kurz vor dem parlamentarischen Verfahren, d. h. ein in Kraft treten im Frühjahr 2008 scheint wahrscheinlicher denn je. Gab es noch im Sommer 2007 eine Regierungskrise, da CDU und SPD sich nicht auf eine gemeinsame Lesart der Personalautonomie einigen konnten, scheint diese im Bereich Hochschulgesetzgebung beigelegt zu sein.
Für die Mitglieder der Hochschulen, insbesondere die Studierenden, bleibt als Fazit zu dem vorliegenden Entwurf: weniger Mitbestimmung, weniger Demokratie, zentrale Managementstrukturen mit TOP-Down-Hierarchien an Hochschulen und Konsumentendenken im Bildungssektor. Die Fremdbestimmung der Hochschulmitglieder durch einzelne Personen wird also steigen, so dass eine Fremdbestimmung unumgänglich erscheint. Diese sollte jedoch gerade an einem Ort der Freiheit von Forschung und Lehre so gering wie möglich sein!
Bevor wir in unseren Rechten beschnitten werden, sollten wir die Rechte als BürgerInnen des Freistaates Sachsen abermals wahrnehmen und den Abgeordneten in Dresden zeigen, was wir von diesem Gesetzesentwurf halten. Bereits jetzt hat die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS), der Zusammenschluss der sächsischen Studierendenräte, die Kampagne „Sie verlassen den demokratischen Sektor – Für ein gebührenfreies Studium mit Demokratie und Mitbestimmung“ gestartet. Für das Wintersemester sind weitere Aktionen geplant. Informiert Euch und gestaltet mit! (FAK, GE)