Unsere zehn Forderungen an die künftige Regierung des Freistaates Sachsen

 

Die Forderungen finden sich als .pdf hier und in der Kurzfassung hier.

Kurzfassung der Forderungen               

  1. Abschaffung der Austrittsoption aus der Verfassten Studierendenschaft

Die Studierendenvertretungen vertreten die Interessen der Studierendenschaft und kümmern sich um ihre sozialen und kulturellen Belange. Die Austrittsoption untergräbt unsere Legitimation und gefährdet unsere Arbeit, während die Ausgetretenen weiter von der Vertretung durch die Studierendenschaft profitieren.

  • Die KSS fordert die Wiederherstellung der Solidargemeinschaft unter den Studierenden durch die Abschaffung der Austrittsoption in § 24 Abs. 1 SächsHSFG.
  1. Mehr Stellen für die sächsischen Hochschulen

Trotz des Kürzungsstops durch die schwarz-rote Regierungskoalition herrscht an den sächsischen Hochschulen Personalknappheit. Auch wenn der Kürzungsstop ausdrücklich zu begrüßen ist, bleibt das Problem, dass die Betreuungsschlüssel zu klein sind.

  • Die KSS fordert eine deutliche Anhebung der Grundfinanzierung der sächsischen Hochschulen unabhängig von Anträgen, Leistungsindikatoren und Zielvereinbarungen, die Entfristung von 1.000 wissenschaftlichen Stellen und eine Erhöhung der Haushaltsstellen der sächsischen Hochschulen um 270 Stellen in der Verwaltung oder für QM.
  1. Abschaffung aller Studiengebühren

Ein Studium in Sachsen ist vor allem denjenigen vorbehalten, die einen finanzstarken sozialen Hintergrund vorweisen können. Ein Studium sollte jedoch auch die soziale Durchmischung befördern und den gesellschaftlichen Aufstieg ermöglichen. Dies ist aktuell durch die Studiengebühren eingeschränkt.

  • Die KSS fordert die Abschaffung aller Studiengebühren in Sachsen, namentlich der Langzeit-, Zweit- und Nicht-EU-Ausländer*innenstudiengebühren.
  1. Stärkung der demokratisch gewählten Gruppengremien

Der Senat wurde mit der Reform des SächsHSG zum SächsHSFG eingeschränkt. Nur die Mitglieder der Hochschule beschäftigen sich langfristig mit ihrer Hochschule und wissen, welche Lösungsansätze angemessen sind. Die demokratisch gewählten Gruppengremien müssen wieder gestärkt werden.

  • Die KSS fordert die Stärkung der demokratisch gewählten Gruppengremien gegenüber dem Rektorat sowie die Abschaffung der Hochschulräte.
  1. Steigerung der Finanzierung der Studentenwerke

Die vier sächsischen Studentenwerke betreuen rund 110.000 Studierende an 23 Hochschulen. Diese soziale Infrastruktur gewährleistet Chancengerechtigkeit für Studierende. Um das Funktionieren der StuWe in Zukunft zu gewährleisten, sind sie zwingend auf eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse angewiesen.

  • Die KSS fordert eine Erhöhung der Zuschüsse zum laufenden Betrieb der Studentenwerke sowie eine Erhöhung der Investitionszuschüsse für Aus-, und Neubau sowie Sanierung von Wohnheimen.
  1. Absicherung der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte

Studentische Beschäftigte sind ganz normale Arbeitnehmer*innen der Hochschule. Die Arbeit der SHKs & WHKs muss mit einer angemessenen rechtlichen Stellung einhergehen. Das geht nur mit einem sachsenweiten Tarifvertrag für Studierende der ihre Rechte und Pflichten  klar und transparent formuliert.

  • Die KSS fordert einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte, ein strikteres Vorgehen bei Verstößen gegen das SächsHSFG sowie die verpflichtende Vertretung aller studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften durch den jeweiligen Personalrat der Hochschulen.
  1. Viertelparität in den gewählten Gruppengremien der Hochschulen

Studierende stellen die größte Mitgliedsgruppe an sächsischen Hochschulen dar. Trotz der Größe ihrer Mitgliedergruppe verfügen die Studierenden in den akademischen Gremien über nicht einmal 20 % der Stimmen. Dadurch werden wichtige Entscheidungen oft über ihre Köpfe hinweg getroffen.

  • Die KSS fordert die Einführung der Viertelparität in den gewählten Gruppengremien der Hochschulen.
  1. Reform der Krankschreibung bei Prüfungen

Zunehmend werden Verfahren zur krankheitsbedingten Abmeldung von Prüfungsleistungen eingeführt bei denen Symptome und/oder Diagnosen offengelegt werden müssen. Das führt – nicht nur unter Aspekten der Inklusion – dazu, dass Fachunkundige in Prüfungsausschüssen über die Gesundheit der Studierenden urteilen.

  • Die KSS fordert eine gesetzliche Regelung der krankheitsbedingten Abmeldung von Prüfungsleistungen durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
  1. Einführung eines Lehrer*innenbildungsgesetz

In vielen Bundesländern regelt ein Lehrer*innenbildungsgesetz die Lehramtsausbildung an Hochschulen. Eine solche gesetzliche Regelung der Rahmenbedingungen der Lehrer*innenbildung ermöglicht ein demokratisch legitimiertes, transparentes Gesetz anstelle sich stetig ändernder Verordnung des zuständigen Ministeriums.

  • Die KSS fordert die Einführung eines sächsischen Lehrer*innenbildungsgesetzes.
  1. Umwandlung der Berufsakademien Sachsen

Im Zuge vergangener Bildungsreformen wurden die Abschlüsse der Berufsakademie Sachsen bereits an das Niveau der Hochschulen angepasst. Die Anerkennung der Berufsakademie Sachsen als Duale Hochschule ist die logische Fortsetzung dieser Politik und ein Signal für die Qualität des dualen Studiums in Sachsen.

  • Die KSS fordert die Umwandlung der Berufsakademie Sachsen in duale Hochschulen, die unter den Geltungsbereich des SächsHSFG fallen.

1. Abschaffung der Austrittsoption aus der Verfassten Studierendenschaft

Die Aufgaben der Studierendenvertretungen werden umfassend in §24 Abs. 3 SächsHSFG dargelegt. Jedoch wurden diese Aufgaben, welche die Interessen und Entscheidungen ALLER Studierenden betreffen, durch die in §24 Abs. 1 SächsHSFG formulierte Austrittsoption eingeschränkt. Durch die Austrittsoption verlieren die Studierendenvertretungen ihre umfassende Legitimation.

Die hochschulpolitischen, sozialen und kulturellen Belange der Studierendenschaft werden durch umfangreiche, kostenneutrale Beratungs- und Finanzierungsangebote derselben kompensiert. Studentische Initiativen werden solidarisch und demokratisch gefördert und Netzwerke, die der Einbettung in das soziale Umfeld und der Entfaltung der Persönlichkeit dienen, konnten aufgebaut und aufrecht erhalten werden. Und auch die steigende Einbindung der Studierenden in die hochschulinternen Qualitätsmanagementprozesse lässt sich nur durch die Finanzierung von Beratungsangeboten und Schulungen von Ansprechpartner*innen gewährleisten. Auch andere Verhandlungspartner*innen, wie die Verkehrsbetriebe und Verbundpartner*innen, mit denen die Semestertickets ausgehandelt werden, sind von der Austrittsoption betroffen. Denn es ist unmöglich, zufriedenstellende Verhandlungsergebnisse für die Studierendenschaft zu erzielen, ohne mit verlässlichen Zahlen kalkulieren zu können.

Neue solidarisch finanzierte Projekte von denen die Studierenden profitieren würden sind durch die aktuelle Regelung nicht umsetzbar. Ein Kulturticket, das zwischen der verfassten Studierendenschaft und öffentlichen und privaten kulturellen Einrichtungen wie Theatern, Museen und Lichtspielhäusern ausgehandelt wird, würde nicht nur Studierenden die kulturelle Teilhabe ermöglichen, sondern auch den Betrieb und die Finanzierung der kulturellen Einrichtungen absichern. An vielen deutschen Hochschulstandorten ist ein solches Ticket bereits Standard. Langfristig wird sich dieser Zustand zu einem echten Standortnachteil auswachsen. Das Fehlen eines Semestertickets an der Hochschule Zittau/Görlitz schreckt, Herrn Prof. Dr. Albrecht (Rektor der HSZG) nach, schon jetzt Studieninteressierte, die nicht aus der Lausitz kommen, davon ab dort ein Studium aufzunehmen.

Studentische Vertreter*innen sind mittlerweile strukturell in die Qualitätsmanagmentprozesse der Hochschulen eingebunden. Bei der Einrichtung und Auflösung von Studiengängen, Berufungskommissionen, Überarbeitung von Studiendokumenten und der Akkreditierung von Studiengängen oder Hochschulen sind Studierende integraler Bestandteil der Gremien. Der Austritt aus der verfassten Studierendenschaft gefährdet diese Arbeit, während die Ausgetretenen weiter von der Vertretung durch die Studierendenschaft profitieren.

Die KSS fordert:

  • Die Wiederherstellung der Solidargemeinschaft unter den Studierenden durch die Abschaffung der Austrittsoption in § 24 Abs. 1 SächsHSFG

2. Mehr Stellen für die sächsischen Hochschulen

Unter der schwarz-gelben Koalition, die bis 2014 in Sachsen regiert hat wurden umfassende Stellenkürzungen u.a. für die sächsischen Hochschulen beschlossen. Insgesamt sollten 1.024 Haushaltsstellen wegfallen, dieser Abbau wurde aber größtenteils durch die folgende schwarz-rote Koalition gestoppt: Von den geplanten 1.024 Stellen wurden nur 270 abgebaut.1

Auch wenn der Kürzungsstop ausdrücklich zu begrüßen ist, bleibt das Problem, dass zu wenig Professor*innen zu viele Studierende betreuen müssen und die Grundfinanzierung der sächsischen Hochschulen zu gering ist. Außerdem wurde am 06.06.2019 der Hochschulpakt Lehre in den Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken überführt und damit entfristet. Die so gesicherten Mittel müssen dafür genutzt werden den durch die Kultusministerkonferenz bestimmten Zweck zu erfüllen: Befristete Stellen zu entfristen und so den Hochschulen mehr Planungssicherheit zu geben.

Obwohl auf dem Papier eigentlich alle von unabhängigen Hochschulen profitieren, stößt die Idee eines solchen freien Ortes der Bildung in Finanzierungsfragen oft schnell an ihre Grenzen. Die Grundfinanzierung und die Paktfinanzierung durch den Bund sind nicht ausreichend, um die Aufgaben von Forschung und Lehre vollständig zu erfüllen und den sächsischen Hochschule ein freies Wählen ihrer Schwerpunkte zu ermöglichen. Von einer gesicherten, angemessenen Grundfinanzierung würden auch Studierende stark profitieren, da mehr Geld in die Lehre fließen würde und nicht jeder Studiengang nach seiner Wirtschaftlichkeit überprüft werden müsste.

Aktuell sind Hochschulen unternehmerisch organisiert. Die Finanzierung der Hochschulen ist darauf ausgerichtet, im Wettbewerb untereinander möglichst viele Drittmittel einzuwerben. In der Folge sehen sich die Hochschulen dazu gezwungen, den Fokus ganz klar auf die Forschung zu legen, die mehr Mittel einwerben kann. Durch den damit verbundenen Arbeitsaufwand, fehlt den Wissenschaftler*innen oftmals die Zeit sich ausreichend um die Studierenden zu kümmern und die eigene Lehre zu verbessern. Nur mit einer höheren und sichereren finanziellen Ausstattung lässt sich dieser Missstand beheben.

Die KSS fordert:

  • Eine deutliche Anhebung der Grundfinanzierung der sächsischen Hochschulen unabhängig von Anträgen, Leistungsindikatoren und     Zielvereinbarungen
  • Nutzung der Mittel des „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“ zur Entfristung von mindestens 1.000 wissenschaftlichen und künstlerischen Stellen
  • Erhöhung der Haushaltsstellen der sächsischen Hochschulen, um die unter der vorletzten Landesregierung gekürzten 270 Stellen in der Verwaltung oder für Qualitätsmanagement aus Landesmitteln

3. Abschaffung aller Studiengebühren

Studiengebühren schaffen Zugangsbarrieren und wirken abschreckend. Ein Hochschulstudium in Sachsen ist vor allem denjenigen vorbehalten, die einen finanzstarken sozialen Hintergrund vorweisen können. Dabei ist es enorm wichtig, dass alle sächsischen Studierenden den Start in ihr Berufsleben ohne finanzielle Ängste verwirklichen können. Die Last von offenen Studienkrediten macht ein Hochschulstudium in Sachsen unattraktiv und kann zu weiteren Abwanderungen statt Fachkräftezuwachs führen. Dies betrifft jegliche Art von Bildungsgebühren. Egal ob für ein Zweitstudium, den allgemeinen Verwaltungsaufwand oder Langzeitstudiengebühren.

Ein massives Problem stellen Langzeitstudiengebühren dar. Was auf den ersten Blick plausibel klingen mag – Studierende möglichst zeitnah auf den Arbeitsmarkt zu entlassen – wird durch schlecht ausgestaltete und unflexible Modulstrukturen zum Teil verhindert, so dass Studierende unverschuldet länger studieren müssen, um ihren Abschluss zu erhalten. Denn es ist noch immer Alltag, dass viele Studierende jobben müssen, um sich ihr Studium finanzieren zu können. Dies verschärft die soziale Schieflage insbesondere für Studierende aus Nicht-Akademiker*innen-Familien. Oftmals ist dies der Grund, warum sich das Studium überhaupt erst verlängert. Ebenso strafen Langzeitgebühren diejenigen ab, die sich ehrenamtlich engagieren oder Kinder haben, sowie Studierende mit Beeinträchtigungen und/oder chronischer Erkrankung und weitere soziale Härtefälle.

Aber auch Zweitstudiengebühren führen nicht zu dem gewünschten Ergebnis einer besseren Finanzierungsgrundlage der Hochschulen. Stattdessen entscheiden sich potentielle Studierende oft gegen eine akademische Weiterqualifizierung, da die zusätzlichen Kosten ein effektives Studieren nicht ermöglichen. Wenn eine Hochschule Zweitstudiengebühren einführt, bedeutet das für viele Menschen ganz einfach und konsequent eine Abschaffung des Zweitstudiums. Denn ohne einen enormen finanziellen Background ist ein solches Studium nicht mehr zu stemmen.

Mit dem §12 Abs. 3 SächsHSFG wurde den Hochschulen die Freiheit gegeben, Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland einzuführen. Wie passt ein solches Gesetz in ein Bundesland, das nicht müde wird, über den hohen Fachkräftemangel zu klagen und das sich mehr Internationalisierung wünscht? Mit solchen Strafgebühren findet entgegen jeglicher Internationalisierungsbestrebung eine Diskriminierung ausländischer Studierender statt, die in der derzeitigen Umsetzungspraxis zu erdrückenden Existenzproblemen führt.

Die KSS fordert:

  • Die Abschaffung aller Studiengebühren in Sachsen, namentlich der Landzeit-, Zweit- und Nicht-EU-Ausländer*innenstudiengebühren

4. Stärkung der demokratisch gewählten Gruppengremien

Die Befugnisse des Senates wurden mit der Reform des SächsHSG zum SächsHSFG empfindlich beschnitten. So wurde dem Senat die Entscheidung über den Vorschlag für die Wahl des Rektors entzogen. Auch die Beschlussfassung über die Studien- und Prüfungsordnungen im Senat wurde bei der letzten umfassenden Novelle des SächsHSFG durch die schwarz-gelbe Koalition gestrichen. Die bis 2012 im SächsHSFG vorgesehene Herstellung des Benehmens des Senates mit den Studienordnungen hätte stattdessen zu einer echten Entscheidungskompetenz des Senates über die Errichtung, Änderung oder Einstellung von Studienangeboten ausgebaut werden müssen, denn hier hätte eine entsprechende Abstimmung des Fächerangebots stattfinden können. Doch dieser Schritt wurde unterlassen und die entsprechende Beschlusskompetenz blieb dem Senat verwehrt.

Die Einflussmöglichkeiten des Senats, auch als Kontrollgremium für die Hochschulleitung, wurden darüber hinaus erheblich mit der Formulierung in § 81 Abs. 2 SächsHSFG, die dem Rektor ein Entscheidungsrecht bei Stimmgleichheit einräumt, beschnitten. Das ist insbesondere dann problematisch, sollte der Senat die Abwahl des Rektors beim Erweiterten Senat gem. § 81 Abs. 1 Nr. 2 SächsHSFG beantragen wollen. Wie wird wohl die Entscheidung des Rektors bei Stimmgleichheit im Senat ausfallen? Zudem sollte der Senat als höchstes Gremium der akademischen Selbstverwaltung maßgeblichen Einfluss auf die strategische und wissenschaftliche Entwicklung der Hochschule haben.

Der Senat als höchstes Beschlussfassendes Gremium der Hochschule kann ohne die Zustimmung des Hochschulrates keine grundlegenden Entscheidungen mehr fällen. Der Hochschulrat ist ein demokratisch nicht legitimiertes Gremium, in dem die Studierenden als größte Statusgruppe nicht berücksichtigt sind. Sie haben damit keinerlei Einfluss mehr in den Entscheidungsprozessen der Hochschule und verkommen dadurch zu Statist*innen. Zwar werden Teile der Mitglieder in den Hochschulräten von den Senaten gewählt, jedoch haben auch hier die Studierenden kaum Mitwirkungsmöglichkeiten, aufgrund ihrer strukturellen Benachteiligungen und ihrer Unterrepräsentation in den Senaten.

Nur die Mitglieder der Hochschule beschäftigen sich langfristig mit den Problemen ihrer Hochschule und wissen, welche Lösungsansätze angemessen sind, ohne dass Partikularinteressen im Vordergrund stehen. Deswegen muss die Rolle der demokratisch gewählten Gruppengremien gestärkt werden und zentrale Aufgaben wieder in die Hände der Senate und Fakultätsräte gelegt werden.

Die KSS fordert:

  • Den Erhalt der Meinungspluralität auf Hochschulebene durch die Stärkung der demokratisch gewählten Gruppengremien gegenüber dem Rektorat
  • Die Abschaffung der Hochschulräte

5. Steigerung der Finanzierung der Studentenwerke

Die vier sächsischen Studentenwerke (StuWe) betreuen rund 110.000 Studierende an 23 Hochschulen. Grundlegende Aufgaben der Studentenwerke in Sachsen sind die Bereitstellung einer angemessenen Verpflegungsleistung in den Mensen zu studentischen Preisen, der Betrieb der Studierendenwohnheime, das Angebot von Beratungs- und Betreuungsleistungen im Rahmen Sozialer Dienste sowie der Vollzug der staatlichen Ausbildungsförderung BAföG und die Bewilligung von Stipendien. Die soziale Infrastruktur an den Hochschulstandorten gewährleistet Chancengerechtigkeit für Studierende – unabhängig ihrer sozialen Herkunft und finanziellen Situation.

Hierzu erhalten die sächsischen Studentenwerke Zuschüsse zum laufenden Betrieb durch den Freistaat Sachsen. Aktuell werden 10 Mio. € für den laufenden Betrieb und 2 Mio. € für notwendige Investitionen bereitgestellt. Für die künftige Absicherung müssen diese Zuschüsse nachhaltiger gestaltet werden, um eine verlässliche Finanzierung für den Erhalt und die Modernisierung der sozialen Infrastruktur zu gewährleisten. Die Zuschüsse zum laufenden Betrieb sind dabei entsprechend der tarif- und preisbedingten Kostensteigerung zu dynamisieren. Eine festgeschriebene Bezuschussung für mehrere Jahre würde den StuWe eine größere Planungssicherheit bieten. Dies ist nötig, um den Studentenwerken eine kostendeckende Bewirtschaftung zu ermöglichen und den Studierenden somit angemessene Unterstützungen und Leistungen für eine chancengleiche soziale Infrastruktur bereitstellen zu können.

Zudem wird dringend eine Erhöhung der Investitionszuschüsse gebraucht. Investitionen für die Ausstattung von Mensen oder den Neubau und die Sanierung von Wohnheimen sind früher aufzubringen als geplant. So fallen die geplante Abschreibedauer der Wohnheime (60 Jahre) und der reale Bedarf auseinander. Aber auch um die Klimaziele erreichen zu können müssen Mittel bereitgestellt werden, um den Gebäudebestand der Studentenwerke unter Nachhaltigkeitsaspekten zu modernisieren und so den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Um Mietpreise nach Sanierungen auf dem Niveau der BAföG-Pauschale von 250,- € zu halten und auch die Semesterbeiträge für Studierende nicht zu steigern, sind die notwendigen Erhaltungskosten der Wohnheime und Mensen zwingend durch angemessene staatliche Zuschüsse auszugleichen.

Die KSS fordert:

  • Eine Erhöhung der Zuschüsse zum laufenden Betrieb der Studentenwerke
  • Eine Erhöhung der Investitionszuschüsse für Aus-, und Neubau sowie Sanierung von Wohnheimen

6. Absicherung der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte

Die aktuelle Liste an Problemen studentischer und wissenschaftlicher Hilfskräfte ist lang: Entgegen des in § 57 Abs. 3 SächsHSFG geregelten Tätigkeitsbereich studentischer und wissenschaftlicher Hilfskräfte übernehmen diese in der Praxis oft Aufgaben die außerhalb dieses Tätigkeitsbereiches liegen. Studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte sind in der großen Mehrheit enorm kurzfristig beschäftigt und haben so keinerlei Planungssicherheit2. Es existiert großer Nachholbedarf bei der arbeitsrechtlichen Absicherung von studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften an den sächsischen Hochschulen. Ähnliches gilt für Feiertagsregelungen, bei denen Studierende nicht dieselben Rechte bekommen wie alle anderen Arbeitnehmer*innen. Hinzu kommt, dass oftmals Urlaubsanspruch und die Vergütung von Krankheitstagen bzw. Feiertagen verschwiegen werden. Dennoch stellen die studentischen Beschäftigten einen wichtigen Bestandteil der Arbeitsfähigkeit der Hochschulen dar.

Vielen studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften fällt es schwer, ihr Recht gegenüber ihren Arbeitgeber*innen geltend zu machen. Sie stehen vor dem Problem, dass ihre Arbeitgeber*innen auch ihre Professor*innen und damit gleichzeitig ihre Prüfer*innen sind. Daraus ergibt sich ein asymmetrisches Abhängigkeitsverhältnis, das nicht selten dazu führt, dass die Studierenden ihre gesetzlich festgeschriebenen Rechte nicht durchsetzen können, da sie eine schlechte Benotung oder das Auslaufen ihres auf kurze Zeit befristeten Vertrages befürchten müssen. Studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte werden in Sachsen nicht über die Möglichkeit von den Personalräten der Hochschulen vertreten zu werden nicht informiert und es ist nicht vorgesehen, dass die Studierendenvertretungen personal- und arbeitsrechtliche Vertretung leisten. Damit fehlt studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften an sächsischen Hochschulen jede personal- und arbeitsrechtliche Vertretung.

Studentische Beschäftigte sind ganz normale Arbeitnehmer*innen der Hochschule und sollen nicht länger künstlich aus dieser Gruppe ausgeschlossen werden. Die gute und wichtige Arbeit der studentischen Hilfskräfte muss auch mit einer guten und angemessenen rechtlichen Stellung einhergehen. Nur durch einen sachsenweiten Tarifvertrag für Studierende lassen sich diese Probleme durch klar und transparent formulierte durch Rechte und Pflichten ersetzen.

Die KSS fordert:

  • Einen     Tarifvertrag für studentische Beschäftigte nach dem Vorbild des TV-Stud aus Berlin
  • Ein strikteres Vorgehen bei arbeitsrechtlichen Verstößen gegen das Sächsische Hochschulfreiheitsgesetz
  • Die verpflichtende Vertretung aller studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften durch den jeweiligen Personalrat der Hochschulen

7. Viertelparität in den gewählten Gruppengremien der Hochschulen

Studierende stellen die größte Mitgliedsgruppe an sächsischen Hochschulen dar. In basisdemokratischen Wahlen bestimmen sie ihre Vertreter*innen in den Gremien der Hochschule, wie zum Beispiel den Fakultätsräten oder dem Senat. Trotzt der Größe ihrer Mitgliedergruppe verfügen die Studierendenvertreter*innen in den Gremien nicht einmal über 20 % der Stimmen. Somit haben die Studierenden nur geringen Einfluss auf die Entscheidungsfindung in den Hochschulen.

Im SächsHSFG ist festgelegt, dass die Professor*innen in jedem akademischen Gremium „über die Mehrheit von einem Sitz verfügen. Für uns ist jedoch klar, dass ein Gremium mit professoraler Mehrheit kein demokratisches Gremium sein kann. Die Entscheidungen an Hochschulen und insbesondere in den Gremien sind politischer Natur. Das aktuelle System der Statusgruppenhochschule ist aus einem Kompromiss zwischen der alten Ordinarienhochschule und echter Demokratie entstanden. Diese Missstand ist erst behoben, wenn alle Statusgruppen die gleichen Mitspracherechte genießen.

Auch angesichts der teilweise bedenklichen Auffassungen von Demokratie in Sachsen, muss echte partizipative Demokratie an den Hochschulen ermöglicht werden, um zukünftigen Generationen sächsischer Fachkräfte lebensnah die Funktionsweisen demokratische Prozesse zu vermitteln. Die heute oftmals offengelegte Blockadehaltung der Professor*innen in den akademischen Gremien verhindert eine hürdenarme demokratischer Beteiligung der Studierenden.

Insbesondere im erweiterten Senat, in dem die Rektor*innen gewählt werden und Grundordnungen beschlossen werden, sollte die größte Gruppe mehr Mitspracherechte haben, um studentische Interessen vertreten zu können. Aber auch in den anderen Gruppengremien ließe sich eine andere Sitzverteilung mit dem Verfassungsgerichtsurteil vereinbaren, wenn die Professor*innen in Fragen der Lehre und Forschung ein Vetorecht bekommen würden, mit dem sie ihre Interessen vertreten könnten.

Nur dort, wo Wissenschaft frei ist von einseitiger interessengesteuerter Beeinflussung kann sie sich kritisch den gesellschaftlichen Verhältnissen widmen und zur Veränderung dieser beitragen. Weder die Entscheidungsbestimmung durch Externe in Hochschulräten, noch das Diktat drittmittelstarker Hochschulbereiche und auch nicht die Top-Down Durchsetzung einer Hochschulleitung, können die zu Stimulation von Innovationen notwendige Autonomie durchsetzen. Nur ein wahrhafter Bottom-Up-Ansatz in der Hochschulverwaltung wird das beschreiten neuer Wege in Zukunft ermöglichen.

Die KSS fordert:

  • Die Einführung der Viertelparität in den gewählten Gruppengremien der Hochschulen

8. Reform der Krankschreibung bei Prüfungen

Die bislang gängige Praxis zur krankheitsbedingten Abmeldung von Prüfungsleistungen ist von Hochschule zu Hochschule und von Studiengang zu Studiengang stark unterschiedlich, da die Regelungen der Hochschulen und Fakultäten eigenständig per Ordnung erlassen werden. Das führt zu Krankheitsnachweisen die sich teilweise zwischen Fakultäten der selben Hochschulen unterscheiden, was insbesondere bei krankheitsbedingten Abmeldungen von Prüfungen des interfakultativen Wahlbereiches zu Unklarheiten führt. Zunehmend wird eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von den Prüfungsämter nicht mehr akzeptiert.

Stattdessen werden Verfahren eingeführt und angewandt bei denen die Student*innen Symptome und/oder Diagnosen offenlegen müssen, um sich krankheitsbedingt von einer Prüfung abmelden zu können. Anders als bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gibt es kein standardisiertes Gutachten, das von den Krankenkassen finanziert wird und von den behandelnden Ärzt*innen routinemäßig erstellt werden kann. In der Regel müssen betroffene Studierende die entstehenden Unkosten selbst tragen. Neben Kosten entsteht bei einer solchen Art der Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung ein enormer Aufwand für ohnehin überlastete Ärzt*innen sowie Prüfungsbehörden.

Die Prüfungsausschüsse sind zumindest teilweise mit hochbezahlten Hochschullehrer*innen besetzt, die hierbei lediglich einfache Verwaltungstätigkeiten durchführen ohne echten Mehrwert zu erzielen und zudem abseits der medizinischen Fakultäten oftmals nicht für die Beurteilung medizinischer Gutachten qualifiziert sind. Um der notwendigen Expertise zur Bewertung medizinischer Befunde gerecht zu werden, bedeutet das, dass entweder die Prüfungsausschüsse nicht über die krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit entscheiden können dürfen, eine Arbeitsunfähigkeit wie an jedem Arbeitsplatz fraglos akzeptiert werden muss oder verpflichtend bei jeder Zusammenkunft eines Prüfungsausschusses eine Amtsärzt*in zugegen sein muss.

Auch aus Inklusionsperspektive ist die aktuelle Situation ein Horrorszenario. Die partiell praktizierte Offenlegung von Symptomen stellt nicht nur einen massiven Eingriff in die Privatsphäre der Studierenden dar, insbesondere psychische Erkrankungen lassen sich nicht anders als durch eine Arbeitsunfähigkeit einschätzen. Einen Prüfungsausschuss der darüber abstimmt, ob eine psychisch erkrankte Person psychisch erkrankt genug ist, um eine Prüfungsleistung abzulegen, kann niemand – der Gesetzgeber eingeschlossen – wollen.

Es muss deswegen eine gesetzliche Regelung im Rahmen des SächsHSFG eingeführt werden, wonach die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht um die Prüfungsunfähigkeit der Studierenden festzustellen. Ein gutes Beispiel für solch eine gesetzliche Regelung durch ein Hochschulgesetz ist §63 Abs. 7 HG NW.

Die KSS fordert:

  • Eine gesetzliche Regelung der krankheitsbedingten Abmeldung von Prüfungsleistungen durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

 

9. Einführung eines Lehrer*innenbildungsgesetz

In vielen Bundesländern (z.B. Bayern, Berlin, Brandenburg und Thüringen) regelt ein Lehrer*innenbildungsgesetz die Lehramtsausbildung an Hochschulen. Eine solche gesetzliche Regelung der Rahmenbedingungen der Lehrer*innenbildung ermöglicht ein demokratisch legitimiertes, transparentes Gesetz anstelle einer Verordnung des zuständigen Ministeriums.

Ein Lehrer*innenbildungsgesetz muss auf die veränderten Anforderungen des Lehrer*innenberufs reagieren. Durch eine veränderte Struktur der Lehrämter in einer Stufenausbildung können pädagogische Konzepte besser vermittelt werden. Die bestehenden Praxisanteile sollen ausgebaut und wichtige Querschnittsthemen als elementare Bestandteile in das Studium integriert werden. Inklusion muss endlich so ein Querschnittsthema werden, dass sich durch alle Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken zieht. In einem Lehrer*innenbildungsgesetz muss der Aspekt der Inklusion miteinbezogen werden. Das darf sich allerdings nicht nur physische Einschränkungen beziehen, sondern muss auch die kulturellen und sozialen Belange der heterogenen Schüler*innenschaft berücksichtigen.

Aber auch politische Bildung und Medienbildung muss angesicht der sich rasch ändernden politischen Kultur schritthalten zu können. Social Media und andere Online-Formate lösen traditionelle Medienkanäle ab und gerade junge Menschen informieren sich vermehrt mittels Medien, die nicht den strikten redaktionellen Kontrollen von TV und Zeitungen unterliegen. Um die so erhaltenen Informationen einordnen zu können, müssen Methoden kritischen Denkens früher vermittelt werden.

Lehrer*innenbildung hört aber nicht mit dem Studium auf. Es ist erwiesen, dass die Inhalte von Fortbildungen einen deutlich höheren Einfluss auf aktive Lehrer*innen haben, als Seminare im Lehramtsstudium. Daher ist es unerlässlich, auch das Lehrer*innenfortbildungssystem einzubeziehen. Aber auch der Seiteneinstieg in den Lehrer*innenberuf muss gesetzlich verankert werden: Ein solches Gesetz kann und muss die Weiterbildung von Seiteneinsteiger*innen strukturieren und qualitativ absichern.

Diese Vielzahl an Herausforderung kann nur durch ein Lehrer*innenbildungsgesetz gelöst werden.

Die KSS fordert:

  • Die Einführung eines sächsischen Lehrer*innenbildungsgesetzes

10. Umwandlung der Berufsakademien Sachsen

Im Zuge vergangener Bildungsreformen wurden die Abschlüsse der Berufsakademie Sachsen (BAS) bereits an das Niveau der Hochschulen und Universitäten angepasst. Dadurch steht es jedem Absolventen frei, seine akademische Laufbahn an anderen Hochschulen und Universitäten über ein Master- oder Promotionsstudium fortzusetzen. Zwar erwerben die Absolventen einer Berufsakademie einen staatlich anerkannten Abschluss jedoch kann ein akademischer Grad wie beispielsweise ein Diplom oder ein Bachelor nur an einer Hochschule erworben werden. So kommt es unter Umständen vor das die Aufnahme eines Masterstudiums nur unter der Erfüllung zusätzlicher Kriterien möglich ist.

Dabei ist das Potential des dualen Studiums weitaus größer. Es zeichnet ein neues Bildungsideal, in dem Theorie und Praxis keineswegs gegensätzlich ausgelegt werden, sondern Hand in Hand gehen. Es ist eine Option, die der Vielfalt an Möglichkeiten zu Lernen entgegenkommt und durch den Arbeitnehmer*innenstatus eine im nicht dualen Studium nie erreichte Eigenständigkeit ermöglicht. Das duale Studium ist kein Angebot zweiter Klasse und auch keine Notlösung für solche, die an universitären Zugangsbeschränkungen scheitern. Es ist ein eigenständiges Bildungselement, dass der Bildungslandschaft – und insbesondere der akademischen Bildung – eine weitere Ebene gibt.

Obwohl duale Studiengänge an das duale Ausbildungssystem angelehnt sind, ist es keineswegs unser Ziel, die berufliche Ausbildung ins Studium zu überführen. Die Ausbildung erfüllt eine eigene unersetzliche Funktion, die durch das Ersetzen als Studiengang verloren ginge. Vielmehr gilt es das Potential aus festen Praxisphasen bei kooperierenden Arbeitgeber*innen und Theoriephasen an einer Hochschule zu nutzen, um eine alternative Annäherung an wissenschaftliche und praktische Felder zu ermöglichen und Erkenntnisgewinnung und -anwendung schon von Beginn an zu praktizieren.

Die Anerkennung der Berufsakademie Sachsen als Duale Hochschule ist eine logische und konsequente Fortsetzung der sächsischen Bildungspolitik.

Die KSS fordert:

  • Die Umwandlung der Berufsakademie Sachsen in duale Hochschulen, die unter den Geltungsbereich des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes fallen

 

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