Studentische Armut

Statt einmaligen Entlastungen in Krisenzeiten, die nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen, braucht es eine Anerkennung und Bekämpfung des Missstands, dass ein erheblicher Prozentsatz von Studierenden in finanzieller Not lebt. Viel zu oft wird studentische Armut normalisiert und sogar romantisiert. Es darf nicht hingenommen werden, dass viele Studierende in ständigen Geldsorgen leben müssen, die ihr Studium erheblich beeinträchtigen. Dass sie neben dem Studium arbeiten müssen, um sich über Wasser zu halten. Dass ihnen ehrenamtliches Engagement und Mitarbeit in den Gremien der Hochschulen verwehrt bleibt, weil sie für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen. Oder dass sie vollkommen von der Willkür ihrer Eltern abhängig sind.

Wir brauchen eine Ausbildungsfinanzierung, die flächendeckend und Familien-unabhängig ist und zum Leben reicht. Wir brauchen Maßnahmen, die auch anderen von Armut betroffenen Menschen zu gute kommen: kostenfreien, oder zumindest sehr viel günstigeren, öffentlichen Nahverkehr, günstigen und verfügbaren Wohnraum, z. B. durch vermehrten sozialen Wohnungsbau, gute Arbeitsbedingungen für Jobs mit geringen Einstellungsvoraussetzungen. Wir brauchen endlich einen studentischen Tarifvertrag, damit zumindest der Arbeitsplatz an der Hochschule nicht ausbeuterisch ist. Mindestens aber brauchen wir starke Studierendenwerke, die uns Studierende auffangen, wenn die Regierung studentische Armut nicht ernsthaft bekämpft, die Studierenden günstige Mahlzeiten, Wohnraum und Beratungen bieten und gut ausgestattete Härtefalltöpfe zur Hilfe von Studierenden in finanzieller Not anbieten.

Die bisherigen Nothilfen waren außerdem viel zu kompliziert aufgestellt und wurden unrealistisch vergeben. Bei den Studierendenwerken existieren zwar bereits durchdachte Härtefallfonds und individuelle Beratungen, die jedoch chronisch unterfinanziert und unbekannt sind. Häufig schrecken auch Darlehen Bedürftige ab, aus Angst, in die Schuldenfalle zu geraten. Hier muss noch weiterhin Besserung erfolgen.

Die KSS soll dafür weiterhin auf die Landesregierung einwirken und gemeinsam mit dem fzs und den anderen Landesstudierendenvertretung sich für die genannten bundesweiten Forderungen einsetzen.

Schon 2020 waren laut einer Studie des Paritätischen [1] rund 30 % aller Studierenden von Armut betroffen, sogar um die 80 % der alleinlebenden. Dieses Problem hat sich höchstwahrscheinlich durch Corona und die aktuelle Preiskrise noch mal erheblich verschärft. Während Corona und auch aktuell gibt es, teils katastrophal laufende, Entlastungspakete wie die Corona-Nothilfe oder die 200-Euro-Einmalzahlung. Im Sommer 2022 war außerdem ein großes Problem, dass nur Teilgruppen der Studierenden Anspruch auf Entlastungen hatten. Schon damals hatte der LSR beschlossen, dass sich die KSS für flächendeckende Entlastungen einsetzt [2]. Das sind allerdings alles nur temporäre Pflaster. Wir denken, dass an der strukturellen Armut von Studierenden gerüttelt werden muss.
[1]: https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/doc/PaFo-2022-Armut_von_Studierenden.pdf
[2]: https://www.kss-sachsen.de/beschlussdatenbank, 23.07.2022, TOP 2.5

Deswegen hat die Landesstudierendenvertretung einen Beschluss zur studentischen Armut gefasst und dabei auch Forderungen an die strukturelle Bekämpfung gestellt. Der Grundsatzbeschluss ist hier einsehbar:

Grundsatzbeschluss: Studentische Armut strukturell bekämpfen (25.03.2023)

Der LSR möge beschließen, dass die KSS sich für eine Sichtbarmachung und strukturelle Bekämpfung studentischer Armut stark macht.

Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass…

…Geldsorgen das Studium erheblich beeinträchtigen und zum Studienabbruch führen können.

…der Großteil der Studierenden neben dem Vollzeitstudium arbeiten muss.

…Ehrenamt (auch auf Hochschulebene) vielen aufgrund finanzieller Notlagen verwehrt bleibt.

…viele Studierende auch von der Willkür ihrer Eltern abhängig sind.

Wir fordern daher Lösungen auf struktureller Ebene:

Wahrung sozial verträglicher Angebote für Studierende!

  • Verhinderung der Preisanstiege in Wohnheimen, Mensen und 
  • bei sozialen Dienstleistungen
  • Ausbau, Sanierung und Bezuschussung von Studierendenwohnheimen und sozialem Wohnungsbau
  • Schaffung und Bewahrung kostengünstiger, sozial gerechter Mobilität

Studentisches Einkommen an der Lebensrealität orientieren!

  • Bessere Arbeitsbedingungen für Studierende an Hochschulen analog den Forderungen des Bündnisses TV Stud Sachsen
  • gute Arbeitsbedinungen und Vergütung generell bei studentischen Jobs

Unkomplizierte Nothilfen!

  • Zuschüsse statt Darlehen und weitere unkomplizierte und unbürokratische Hilfsangebote
  • Deutliches Aufstocken und leichtere Vergabe der Härtefallfonds, Verzicht auf stark eingeengte Definitionen von “Härtefall” 
  • Ausfinanzierung der Sozial- und Psychosozialberatung
  • Massive Aufstockung der STIBET-I-Mittel für den DAAD zur Unterstützung ausländischer Studierender und Entkoppelung von Leistungskriterien

Sinnvolle Informationskampagnen!

  • Überregionale Bewerbung der Beratungssysteme, verständliche Übersichten zu verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten des Studiums
  • Regionales, umfassendes Informieren durch die Hochschulleitungen über alle Unterstützungsangebote
  • „Kein Studi wird allein gelassen“ soll die Botschaft sein