An dieser Stelle möchten wir darstellen welche Schritte zur gesetzlichen Regelungen geführt haben. Dabei gehen wir zu erst auf die Zeischiene des paralamentarischen Verfahren und dann auf die inhaltlichen Aspekte ein, welche Positionen wir als KSS vertreten haben und wie diese von der Politik einbezogen wurden.
Zeitschiene
Mit Beginn der Coronapandemie haben wir uns im Bündnis Solidarsemester für entsprechende Ausgleichsregelungen aufgrund der Pandemie eingesetzt. Ende September 2020 haben wir als KSS das erste Mal von einer Gesetzesinitiative der drei Regierungsfraktionen CDU, SPD und Grüne im sächsischen Landtag zur Regelstudienzeiterhöhung erfahren. Wenig später erhielten wir den ersten Gesetzentwurf, zu dem wir am 04.11.2020 Stellung genommen haben. Neben uns haben auch andere Akteur*innen wie z.B. die Landesrektor*innenkonferenz oder auch die GEW Stellung genommen. Diese Stellungnahmen wurden dann einbezogen und ein geänderter Entwurf in den Wissenschaftsausschuss eingebracht. Der Wissenschaftsausschuss beschloss die Gesetzesänderung in seiner Sitzung am 23.11.2020 und am 16.12.2020 wurde der Beschluss letztendlich auch im Landtag gefasst.
Inhaltliche Positionen
Beim Gesetzesvorhaben handelt es sich um eine kleine Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes, die einen zusätzlichen Paragraph 114a am Ende des Gesetzes einfügen soll. Inhalt des ersten Entwurf des Paragraphen war im Wesentlichen, dass zunächst erst einmal alle Studierenden, die im Sommersemester 2020 immatrikuliert und nicht beurlaubt waren, eine individuelle Regelstudienzeit von einem Semester mehr bekommen. Eine Nichtanrechnung des Semesters konnte nicht zusätzlich geltend gemacht werden. Außerdem sollten die Fristen für Langzeit- und Zweistudiengebühren, sowie Fristen zur Wiederholung von Prüfungen um ein Semester verlängert werden. In einem zweiten Absatz bekommt das Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus alleinig die Möglichkeit die Regelung des ersten Absatz auch für zukünftige Semester zu verlängern.
Auch, wenn wir die Intention, insbesondere BAföG Empfänger*innen eine längere finanzielle Förderung möglich zu machen, für sehr gut erachten gab es aus unserer Sicht noch einige Probleme. Diese und auch Lösungsvorschläge könnt ihr sehr detailliert in unserer ausführlichen Stellungnahme nachlesen. Hier möchten wir sie nur kurz zusammenfassen:
BAföG
Da das Gesetz erst im Dezember 2020 beschlossen wurde, ergab sich das Problem, dass Studierende zur Zeit noch nicht davon wussten und es natürlich auch noch nicht in BAföG-Verfahren angewendet werden konnte. Studierende, die aktuell z.B. die Regelstudienzeit überschreiten, stellten daher entweder gar keinen Antrag, weil sie zur Zeit formal nicht mehr BAföG-berechtigt waren oder ihr Antrag wurde abgelehnt, weil die BAföG Ämter noch nicht nach dem Gesetz handeln durften. In ersterem Fall ist besonders problematisch, dass ein BAföG-Antrag nicht rückwirkend gestellt werden kann.
Wir als KSS haben mit Hilfe der StuRä versucht darüber aufzuklären, doch für uns ist es nur sehr schwierig alle Betroffenen rechtzeitig zu erreichen.
Nichtanrechnung und Regelstudienzeiterhöhung
Nach unserem Verständnis erhielten mit der Änderung zunächst alle nicht-beurlaubten Studierenden pauschal eine Regelstudienzeiterhöhung. Da aber nicht gleichzeitig eine Nichtanrechnung geltend gemacht werden können sollte, hätten alle Nichtanrechnungen an den sächsischen Hochschulen wieder rückgängig gemacht werden müssen. Abgesehen vom immensen zusätzlichen Verwaltungsaufwand sahen wir Rechtsunsicherheiten in der Rückabwicklung.
Studierende haben über ein Semester in gutem Glauben angenommen sich das Semester nicht anrechnen lassen zu können. Zumindest an der TU Dresden oder Uni Leipzig haben Studierende den Antrag auch schon bewilligt bekommen. Für uns war es schwer vorstellbar, dass es rechtlich zulässig ist diesen Studierenden die Nichtanrechnung wieder streitig zu machen. Es zeigte sich aus unserer Sicht, dass das Land die weitreichenden Konsequenzen der pauschalen Regelung nachdem die Hochschulen nun eigene Regelungen treffen mussten nicht bedacht hat. Außerdem gibt es Studierende, die eine Nichtanrechnung der Regelstudienzeitverlängerung vorziehen. Das betrifft ganz pauschal z.B. vermutlich nahezu alle Studierenden, die sowieso kein BAföG erhalten und damit eine sehr große Gruppe. Sie können mit einer Nichtanrechnung letztendlich deutlicher machen, dass ein Studium in diesem Semester nicht unter normalen Bedingungen stattfinden konnte und bevorzugen so diese Variante für ihre Zukunft.
Wir haben vorschlagen den Studierenden die Wahlmöglichkeit zwischen Nichtanrechnung und Regelstudienzeit zu geben, um so eine faire und rechtssichere Regelung zu finden.
Wintersemester
Für uns war klar, dass sich die Notwendigkeit für einen solchen Ausgleich im Wintersemester bereits damals abgezeichnet hat.
Lehrveranstaltungen waren immer noch zu einem Großteil online, d.h. Studierende ohne stabiles Internet, ohne guten Arbeitsplatz oder mit hohem psychischen Druck durch isoliertes Lernen konnten nicht wie bisher “normal” studieren.
Die Studierenden brauchten rechtzeitig Planungs- und Finanzierungssicherheit. Mit den Erfahrungen der sehr späten Reaktion des Ministeriums befürchteten wir, dass eine solche Rechtsverordnung erneut erst zum Ende des Semesters Klarheit schaffen würde. Es hätte erneut Schwierigkeiten gegeben Studierende zu informieren, dass sie vielleicht doch einen Anspruch auf BAföG haben und dringend einen Antrag stellen sollen oder Hochschulen müssten erneut eigene Regelungen beschließen, wie z.B. an der TU Dresden oder der TU Chemnitz schon geschehen, die dann erneut zu Komplikationen oder Mehraufwand führen könnten.
Einheitliche umfassende Ausgleichsregelungen
Wie wir bereits seit Anfang April gefordert haben, brauchte es landeseinheitliche Regelungen bei Ausgleichen zur Abfederung von coronabedingten Nachteilen im Studium. Das Sommersemester hatte gezeigt, dass wenn die Hochschulen einzeln Regelungen treffen ein Flickenteppich entsteht. Der Start ins Wintersemester deutete an, dass die Unterschiede in den Regelungen noch größer werden würden. Das führte aus unserer Sicht zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Studierenden in Sachsen und wäre letztendlich schlicht unfair.
Besonders verheerend ist die Lage, wenn einzelne Studiengänge gar keine Regelungen zum Ausgleich von Nachteilen erlassen. Das ist z.B. der Fall an der HTWK in Leipzig und der TU Bergakademie Freiberg. Dort wurden tatsächlich nicht einmal Prüfungsfristen ausgesetzt und so Studierende unverschuldet während des Sommersemesters und der Pandemie exmatrikuliert.
Das war für uns untragbar und sollte deswegen aus unserer Sicht das entscheidende Argument dafür sein, nicht die Hochschulen diese Sachen regeln zu lassen, sondern im Zuge dieser geplanten Gesetzesänderung eine landeseinheitliche Regelung mit pauschaler Nichtanrechnung, Fristaussetzung und umfassenden Freiversuchen herbeizuführen.
Änderungen
Mit zwei unserer drei vorgeschlagenen Forderungen konnten wir uns durchsetzen, sodass diese nun auf unsere Intiative Teil des Gesetzes sind. Das letztendlich beschlossene Gesetz führt einerseits praktisch zu einer Wahloption für die Studierenden zwischen Nichtanrechnung und Regelstudienzeiterhöhung und regelt andererseits auch verpflichtend das Wintersemester und folgende Semester. Trotzdessen, dass wir die weitreichenste und für viele wichtigste Forderung nach landeseinheitlichen Regelungen seit April 2020, z.B. in Pressemitteilungen, aber auch bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss immer wieder wiederholt haben, wurde dieser nicht nachgekommen. Hier versuchen wir weiter Druck zu machen, obwohl mit dem Gesetz eine große Chance vertan wurde hier zu handeln und es damit nicht wahrscheinlicher geworden ist, dass eine solche Regelung noch getroffen wird.
Was nun genau im Gesetz geregelt ist und welche Auswirkungen das hat, kann auf der anderen Unterseite zum Inhalt des Gesetzes nachgelesen werden.