Logo der KSS und rechts daneben die Überschrift "Jahresrückblick der Amtszeit 2022/23"

Wir sagen Tschüssi!

Liebe hochschulpolitisch Interessierte in Sachsen,

eine Landesstudierendenvertretung kann so einiges bewirken und viel Spaß machen, aber auch recht anstrengend und zeitintensiv sein. Das konnten wir vor allem in der bald vergangenen Amtszeit der KSS lernen. Anstelle unseres üblichen Newsletters möchten wir Euch heute den Jahresrückblick der KSS der Legislatur 2022/23 übersenden.

Foto der Füße der beiden Sprecher*innen auf der Wiese bei der HTW Dresden. Vor ihnen liegt ein Beutel mit KSS-Logo und Blumensträuße.

Am Start sowie Ende der Amtszeit: Unsere Sprecher*innen haben sich jetzt mal eine Pause verdient!

Das letzte Jahr hat uns gezeigt, dass studentische Anliegen sehr wohl auch ernst genommen werden können. Vorausgesetzt, die Verantwortlichen haben auch den Willen hierfür. Zwischen Coronapandemie, Krieg in der Ukraine, sozialen Notlagen, neuen Gesetzestexten und eigenem Studi-Alltag haben wir unser Bestes gegeben, studentische Interessen im letzten Jahr zu vertreten. Was dabei Herausforderungen waren und was wir vor allem erreichen konnten, lest ihr im Folgenden:

 

Übersicht:

  1. Post Covid: Der Übergang in ganz ungewohnte persönliche Begegnungen
  2. Studentische Begleitung und Erfolge bei der Novellierung des sächsischen Hochschulgesetzes
  3. Verbesserungen der sozialen Notlage der Studis in Sachsen
  4. TVStud & mehr: Kampf um bessere Arbeitsbedingungen für Studis
  5. Studentische Mobilität: Gefahren für Semestertickets und Herausforderungen des 9- & 49-Euro-Tickets
  6. Langer Prozess für feministische Hochschulen in Sachsen
  7. Internationalisierung: Müßige Kämpfe um Solidarität und kleine Erfolge
  8. Lehramt: Wenn der Staat Studiengänge zielgruppengerecht gestalten soll
  9. Ökologie: Greenwashing oder wirkliche Nachhaltigkeit im Dienst der Wissenschaft?!
  10. Unterstützung der Hochschulen vor Ort
  11. Sonstiges Einmischen in Gesetz- und Verordnungserlasse in Sachsen
  12. KSS-Interna: Finanzsicherheit und Strukturen sichern
  13. Ausblick: Wir sagen Tschüssi!

1. Post Covid: Der Übergang in ganz ungewohnte persönliche Begegnungen

Foto von Maximilian (Beauftragung Koordination) und Fay (Referent*in Feminismus) im Zug mit Maske und Daumen hoch.

Koordination Maximilian und Referent*in Feminismus Fay vorbildlich mit Maske Anfang April

 

Wir starteten unsere Amtszeit im April 2022 in das erste Semester nach Corona. Plötzlich waren Seminare in Präsenz wieder möglich und völlig ungewohnte Begegnungen am Campus. Den Erstis aus 2020 und 2021 haben wir dann erstmal zeigen müssen, was studentisches Leben überhaupt bedeutet… Aber es war auch hochschulpolitisch eine herausfordernde Übergangszeit. Denn mit Fall der meisten Corona-Regelungen galt es für uns, die Hochschulleitungen daran zu erinnern, dass es dennoch Risikogruppen unter ihren Studierenden gibt, für die digitale Alternativen und ein Aufrechterhalten des Masken-Tragens notwendig sind. Dadurch haben wir es geschafft, dass dies zumindest bei einem Großteil der sächsischen Hochschulen noch beherzigt wurde. Aber auch das sächsische Hochschulgesetz wurde direkt im Juni überarbeitet und Prüfungen in digitaler Form gesetzlich geregelt. Für uns bedeutete das, darauf hinzuweisen, dass Überwachung in Prüfungssituationen gar nicht geht!

Hier unsere Stellungnahme zur „kleinen Hochschulgesetz-Novelle“ dieser Amtszeit.

 

2. Studentische Begleitung und Erfolge bei der Novelle des sächsischen Hochschulgesetzes

Foto der Demo zum Hochschulgesetz in Dresden. Menschen halten Fahnen ihrer Organisationen und Banner der Hochschulgesetzkampagne Revolution Studium.

Demonstration in Dresden vor der Staatskanzlei

Maßgeblich hat uns im letzten Jahr die geplante Reform der gesetzlichen Grundlage unseres Studiums beschäftigt: Aus dem SächsHSFG sollte die Freiheit gestrichen und auch ein paar weitere kleine Anpassungen vorgenommen werden. Für uns ist das die Möglichkeit, maßgeblich auf bessere Rahmenbedingungen des Hochschulalltags hinwirken zu können! Wir forderten also eine echte „Revolution“ unseres Studiums und gründeten ein Bündnis aus Studierendenvertretungen, Partei- und Gewerkschaftsjugenden. Wichtig war uns z.B. der lang herbeigesehnte Diskriminierungsschutz, Wegfall der Symptompflicht bei Krankmeldungen und bessere Lehr- & Arbeitsbedingungen. Auf unsere Forderungen wiesen wir in zahlreichen aufwendigen Veranstaltungen hin. Wir organisierten zwei Demonstrationen in Dresden und Leipzig und führten auch Podiumsdiskussionen durch: Mit Vertreter*innen derer, die das Gesetz betrifft und nochmal mit den Politiker*innen, die das Gesetz maßgeblich schreiben. Neben viel Aktions-Orga, Sticker-Bestellungen und Info-Kampagnen haben wir uns auch direkt in das Gesetzgebungsverfahren eingemischt: Wir haben zahlreiche Gespräche mit den hochschulpolitischen Sprecher*innen der Landtagsfraktionen geführt, beim Wissenschaftsminister und Ministerpräsident lobbyiert und eine umfangreiche Stellungnahme zum ersten Gesetzesentwurf verfasst: Statt Semesterferien und Hausarbeiten hieß das für uns im Sommer über 80 Seiten lang Gesetzestexte zu kommentieren. Weil das natürlich nicht alle faulen Politiker*innen durchlesen und so ernst nehmen, wie wir das gern hätten, haben wir nochmal mehr Gespräche und Öffentlichkeitsarbeit geführt. Daneben haben wir uns mit weiteren hochschulpolitischen Akteur*innen vernetzt. Nach der Anhörung im Wissenschaftsausschuss am 6. März sind wir aktuell schließlich etwas hoffnungsvoll. Denn viele Sachverständige nannten ähnliche Anforderungen an ein neues Hochschulgesetz wie wir. Um es mit den Worten unserer Sprecherin Bine in ihrem Vortrag zu sagen: Wir verlieren das Vertrauen in die Demokratie, wenn sich jetzt nicht noch weitere Änderungen abzeichnen.

Wir hoffen z.B. noch auf:

  • Diskriminierungsschutz
  • Wegfall der Symptompflicht im Krankheitsfall bei Prüfungen
  • Orientierungsstudium
  • Inklusionsbeauftragte und -strategien
  • Erweiterung der Experimentierklausel zur autonomen Ermöglichung unbegrenzter Prüfungsversuche
  • verpflichtende studentische Mitglieder im Rektorat
  • Akkreditierungspflicht und mehr Konsequenzen nach Lehrevaluationen

Wir waren mit unserer Kampagne auch in vielen Medien-Berichterstattungen. Eine Auswahl hiervon und mehr zu unseren Forderungen, Aktionen, Videos etc. gibt es natürlich noch unter revolution-studium.de. Das Gesetz wird aller Voraussicht nach in den nächsten Monaten im Landtag beschlossen. Die KSS-Altlasten werden das dann natürlich noch gemeinsam mit dem neuen Team von der Tribüne aus scharf beobachten!

 

3. Verbesserungen der sozialen Notlage der Studis in Sachsen

Foto der Anhörung zum Antidiskriminierung-Gesetzesentwurf der Linken. Ganz rechts sitzt der*die Referent*in der KSS für Feminismus, Fay Uhlmann.

Auch dem MP haben wie die Notsituation erklärt

Foto der studentischen Vollversammlung in Leipzig, Blick von hinten aus dem Hörsaal auf die Massen an Studierenden. Vorn sind Banner von Genug ist Genug und TVStud zu sehen.

Studentische Vollversammlung aufgrund sozialer Notlagen an der Uni Leipzig

Nach Corona und dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine bahnte sich jedoch eine weitere immense Krise an, die leider einen großen Teil aller Studierender betrifft: (Psycho-)soziale und finanzielle Notlagen. An der Stelle möchten wir nicht noch einmal die verheerenden Zahlen auflisten, die darstellen, wie schlimm es gerade um Studierende steht. Das zieht uns ehrlich gesagt immer wieder runter. Auch wir als Amtsträger*innen sind davon schließlich nicht ausgeschlossen. Zu Beginn der Amtszeit haben wir also noch auf die notwendige BAföG-Reform aufmerksam gemacht und Unterschriften für die Petition #bafoeg50 gesammelt. Nach dem Reförmchen ging es uns Studis leider immer noch nicht besser und die Inflation stieg rasant an. Daher haben wir unsere Lobby-Arbeit sehr hochgefahren. Das Ziel war, Studierenden in Not zu zeigen, dass es Hilfsangebote gibt, sie nicht verweifeln müssen und vor allem nicht alleine mit ihren Sorgen sind. Die versprochene Einmalzahlung ließ lang auf sich warten und aus einer Notsituation und spontanen Idee heraus, schrieben wir daher direkt dem Ministerpräsidenten. Von diesem wurden wir auch direkt im neuen Jahr zu einem persönlichen Gespräch über die Situation eingeladen. Wissenschaftsminister Gemkow lud uns ebenfalls zu zahlreichen Gesprächen ein und gemeinsam haben wir überlegt, wie den Studis im Freistaat am besten geholfen werden könnte.

Foto von Staatsminister Gemkow und Bine (Sprecher*in) im Sächsischen Landtag. Im Hintergrund sind leere Stuhlreihen und eine Sachsenkarte zu sehen.

Sprecherin Bine mit Wissenschaftsminister Gemkow bei einem spontanen gemeinsamen Radio-Interview

Die Resultate: Das Ministerium versprach, die Härtefallfonds der Studierendenwerke nach Bedarf aufzufüllen. Diese wurden weiterhin besser beworben. Immense Preissteigerungen in den Mensen konnten bislang vermieden werden und Mieterhöhungen blieben zumindest moderat. Die Psychosozialberatung wurde besser ausfinanziert. Vor Ort haben wir mit den Studierendenwerken koordiniert, Hilfsangebote einfacher zu gestalten. Die Hochschulen haben wir angehalten, Rundmails an ihre Studierenden zu schicken, um die Angebote bekannter zu machen. 

Weiterhin ist noch viel zu tun und so manche Exmatrikulation aufgrund von finanziellen Notlagen konnten wir leider nicht verhindern. Aber das Thema haben wir als wichtigen Knotenpunkt der sächsichen Regierung gesetzt und hoffen auf weitere Unterstützungsmaßnahmen in den kommenden Monaten!
Gesammelte Kritik gibt es auch auf der Webseite keinmalzahlung200.de, an der wir maßgeblich mitgewirkt haben. Unser Brief an den Ministerpräsidenten kann hier nachgelesen werden. Es gab sogar eine gemeinsame Pressemitteilung mit dem SMWK, in der das Ministerium seine Versprechen noch mal offiziell machte.

 

4. TVStud & mehr: Kampf um bessere Arbeitsbedingungen für Studis

Wir haben in Sachsen noch keinen Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte erkämpft, aber trotzdem einige Erfolge für die Arbeitsbedingungen von Studis an Hochschulen erzielt! So werden aller Voraussicht nach im sächsischem Hochschulgesetz Mindestbefristungen für Hilfskräfte festgeschrieben sein (6 Monate für studentische Hilfskräfte und 12 Monate für wissenschaftliche Hilfskräfte). Das reicht uns aber nicht! Wir fordern immer noch Lohn deutlich über dem Mindestlohnniveau, mehr Urlaub und studentische Personalräte.

    Foto von Protest von TV-Stud. Ganz vorn ist ein pinkes Banner mit dem TVStud-Motto

TVStud hat in diesem Jahr auch weitere gewerkschaftliche Kämpfe unterstützt

Ein wichtiger Meilenstein für das sächsische Bündnis war auch die Veröffentlichung der bundesweiten Studie über Arbeitsbedingungen von studentisch Beschäftigten an Hochschulen – wir haben es geschafft, in Sachsen für eine extrem gute Datenlage zu sorgen und können damit nun die Hochschulen und die Landesregierung mit den (wissenschaftlich erhobenen) enorm schlechten Arbeitsbedingungen konfrontieren. Die Studie findet ihr hier sowie unsere PM hier.

Zudem setzen wir uns in dem Bündnis für Bildungszeit für eine berufliche, ­kulturelle, politische oder soziale Bildung auch von studentisch Beschäftigten ein und fordern 5 Tage bezahlte Bildungszeit auch in Sachsen. Infos dazu findet ihr hier: https://www.zeit-fuer-sachsen.de/

 

5. Studentische Mobilität: Gefahren des Semestertickets und Herausforderungen des 9- & 49-Euro-Ticket

Dass günstiger ÖPNV eine gute Sache wäre, war der Ampel im letzten Jahr zumindest bewusst. Leider wurde dabei ein bisschen außer Acht gelassen, dass es ja auch Studierende gibt und die bereits etwas wie ein Semesterticket haben, welches als Solidarmodell von allen Studis mitfinanziert wird. Bereits beim 9-Euro-Ticket wurde das fast vergessen, wenn wir nicht noch gemeinsam mit den anderen Landesstudierendenvertretungen und der Bundesstudierendenvertretung fzs darauf aufmerksam gemacht hätten. In Sachsen haben wir uns zusätzlich immer wieder an das Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verker (SMWA) unter Minister Dulig gewandt. Zum ersten Mal haben wir Anfang Mai auf die Problematik aufmerksam gemacht und zumindest darum gebeten, dass die Verwaltungskosten für die Rückerstattungen staatlich übernommen werden. Denn die Semestertickets werden zumeist von den Studierendenschaften selbst koordiniert, nur im Fall von Leipzig und Zwickau über die Studierendenwerke. Für beide Organisationen war es echt nicht gut, dass diese auf den Verwaltungskosten für die Rückerstattungen der Differenzbeträge der Semestertickets zum 9-Euro-Ticket sitzen geblieben sind. Nach viel Hin und Her. wurde schließlich ein kleiner Pauschalbetrag erstattet, allerdings nicht allen Orgas…. Nunja, immerhin konnten die Studis in Sachsen ihr Semesterticket im Sommer etwas günstiger und deutschlandweit in vollen Zügen genießen!

Auch beim 49-Euro-Ticket brauchte es seeeehr viel Kommunikation, die wir mal wieder an das SMWA und auch an den Ministerpräsidenten übernommen haben. Denn durch die Einführung einer etwas teureren Alternative zum Semesterticket gerät die rechtliche Sicherheit des Solidarmodells in Gefahr. Also haben wir von drohenden Aufkündigungen der Semesterticketverträgen berichtet. Die sogenannte „Sachsen-Lösung“ mit der Rabettierung um 10 Prozent bei Solidarmodellen für das Upgrade soll das Semesterticket nun vielleicht etwas attraktiver gestalten. Wir zählen das mal als Reaktion auf unsere Lobby-Arbeit, auch wenn die eigentliche Problemdarstellung, dass 49 Euro (beziehungsweise dann „nur“ 45 Euro) für Studis viel zu teuer sind, noch immer nicht angegangen wurde. Entsprechend setzen wir also weiterhin auf das 29-Euro-Kaufticket und damit eine wirkliche Lösung auch in Sachsen!

 

6. Langer Prozess für feministische Hochschulen in Sachsen

Beim vorherrschenden Überschuss von weißen alten Männern an sächsischen Hochschulen ist es meist gar nicht so einfach, mehr Feminismus in die Wissenschaftslandschaft zu bringen. Wir haben es trotzdem versucht!  In dieser Amtszeit hatten wir schließlich auch endlich wieder ein*e Referent*in Feminismus. Gleich in den ersten Monaten haben wir einen Grundsatzbeschluss zu Geschlechterinklusivität an Hochschulen gefasst. Wir fordern eine Selbstbestimmung von Namen und Personenstand an den Hochschulen, mit dem Mindestmaß der Anerkennung des DGTI-Ergänzungsausweises, sowie die Möglichkeit, an den Hochschulen auch offiziell nichtbinäre Geschlechtseintragungen angeben zu können. Weiterhin setzen wir uns für die Einrichtung geschlechtsneutraler Sanitätseinrichtungen ein. Der ganze Beschluss kann hier nachgelesen werden.

Foto der Anhörung zum Antidiskriminierung-Gesetzesentwurf der Linken. Ganz rechts sitzt der*die Referent*in der KSS für Feminismus, Fay Uhlmann.

Referent*in Fay mit den weiteren Sachverständigen zur Anhörung zum Diskriminierungsschutz für Studierende

Beim Thema Diskriminierungsschutz für Studis haben wir unsere Lobby-Arbeit auch nochmal intensiviert.  Denn offensichtlich ist es in Sachsen völlig egal, dass Studis munter diskriminiert (z.B. sexistisch oder rassistisch angegangen werden dürfen). Nach einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss zu dem Thema haben wir keine Argumente mehr gehört, die dagegensprechen sollten, dass wir Diskriminierungsschutz für Studierende auch in Sachsen endlich gesetzlich verankern sollen. Unabhängige Antidiskriminierungsstellen (auf freiwilliger Basis – lol) haben zumindest bereits ihren Weg ins HSG gefunden.

Auch konnten wir uns an der Fortschreibung zweier Landesaktionspläne beteiligen! Beim Landesaktionsplan für Vielfalt setzten wir uns für sichtbare Diversität in der Lehre, das Aufbrechen von cis-, hetero- und Beziehungsnormativität an den Hochschulen ein (denn was gelehrt wird, beeinflusst auch das denken!), brachten die Ideen unseres bereits erwähnten Grundsatzbeschlusses an und betonten die Wichtigkeit von themenspezifisch Antidiskriminierungsstrukturen. Anfang dieses Jahres folgte die Fortschreibung des Landesaktionsplanes zu den Istanbul-Konventionen (gegen häusliche und geschlechterspezifische Gewalt), bei der wir uns für verpflichtende Weiterbildungsangebote in für Leitung von Hochschulen und Professorinnen und eine Kampagne zur Aufklärung über geschlechterspezifische Gewalt für Studierende einsetzten. Steile Hierarchien und starke Abhängigkeitsverhältnisse an Hochschulen bieten große Gefahr für (verbale, sexualisierte, …) Übergrifflichkeiten, deshalb braucht es dringend Präventionsangebote! Unser Input wurde geliefert, jetzt heißt es gespannt auf die fertigen Landesaktionspläne warten.

 

7. Internationalisierung: Müßige Kämpfe um Solidarität und kleine Erfolge

Ihr glaubt es kaum: Sächsische Hochschulen wollen übrigens auch international sein! Sie haben sogar bereits überlegt, wie internationale Fachkräfte angeworben werden können…. Also echt jetzt: Wir glauben es auch echt nicht, dass das in Sachsen überhaupt möglich ist. Denn das haben wir spätestens im Nachgang des Ukraine-Krieges mitbekommen. Die große Welle der Solidarität war echt schön zu sehen und auch die Hochschulen in Sachsen haben viele Bemühungen für die Aufstellung von Sprachkursen gezeigt. Allerdings konnten dieses Ausmaß an Solidarität nicht alle geflohenen Studis aus der Ukraine genießen. Während Studis mit ukrainischer Staatsbürgerschaft immerhin sogar BAföG-Anspruch in Deutschland erhielten, mussten Drittstaatsangehörige hier eher um ihren Aufenthaltstitel bangen. Daher haben wir uns viel damit beschäftigt, Briefe an Abgeordnete und den Wissenschaftsminister geschrieben und uns später auch an den Innenminister gewandt. Selbst die vier sächsischen Universitäten haben unser Anliegen unterstützt. Erreicht haben wir zumindest eine Verlängerung der bundesweiten Verordnung zum Bleiberecht für Betroffene unter Drängen der sächsischen Regierung. Unsere konkreten Anliegen wurden leider nicht umgesetzt, allerdings haben wir uns um individuelle Beratung der Betroffenen vor Ort bemüht und den Kontakt mit den Ausländerbehörden und dem sächsischen Flüchtlingsrat aufrechterhalten, um Abschiebungen der Studis zu vermeiden. Ob wir das für alle erreichen konnten, wissen wir leider nicht… Unseren Brief an den Innenminister gibt es z.B. hier nachzulesen.
Ausgerechnet im Zuge der vielen fliehenden Studierenden und Wissenschaftler*innen aus der Ukraine und auch Weißrussland und Russland wurde beim DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) stark gekürzt. Davon waren neben den Stipendienangeboten, für die der DAAD bei Studis eher bekannt ist, auch Programme für Geflüchtete betroffen. Gemeinsam mit der DAAD Studierendenschaften AG, dem fzs, dem BAS und vielen anderen Studierendenschaften und Landesstudierendenvertretungen haben wir dagegen protestiert – und waren erfolgreich. Die Kürzung der Mittel wurde gerade noch einmal zu großen Teilen abgewendet. Im nächsten Jahr können die bestehenden Projekte fortgeführt werden und es wird ein größerer, beziehungsweise gleichbleibend großer, Fokus auf die Hilfe von ukrainischen Studierenden und Wissenschaftler*innen und Traumabewältigung sowie Unterstützung von systemkritischen Studis und Wissenschaftler*innen im Iran und Russland gelegt.

Außerdem haben wir uns mit den Protesten im Iran solidarisiert und uns dem Bündnis „Sachsen muss aufnehmen“ angeschlossen, welches sich für eine humane sächsische Integrationspolitik einsetzt.

 

8. Lehramt: Wenn der Staat Studiengänge zielgruppengerecht gestalten soll

Schlecht erreichbare Praktikumsplätze auf dem Land und wenig Unterstützung für Lehramtsstudierende trotz Lehrer*innenmangel?! Das kann ja auch nur Sachsen! Die Rahmenbedingungen für ein Lehramtsstudium könnten wirklich besser sein. Dafür hat sich unsere Referentin für Lehramt gemeinsam mit den Studierendenschaften vor Ort diese Amtszeit eingesetzt. Anfang der Amtszeit wurde somit ein offener Brief an den Kultusminister Piwarz verfasst, in dem kritisiert wurde, dass es keinen Nachholtermin für die Staatsexamensprüfung in Sachsen gibt. Lehramtsstudierende, die aufgrund von Krankheit verhindert sind, an der Prüfung teilzunehmen, müssen ein komplettes Semester auf den Nachschreibetermin warten. Das kann zu massiven Veränderungen in der weiteren Lebensplanung führen. Diese Umstände wollten wir so nicht hinnehmen. Unsere Forderung, eine Nachschreibeklausur anzubieten, wurde und wird jedoch leider in näherer Zukunft nicht umgesetzt. (Kleiner genervter Kommentar der Redaktion: Tja Sachsen, dann warte halt einfach NOCH länger auf deine fertigen Lehrer*innen, ey!)
Weiterhin entstand im Sommer 2022 in Zusammenarbeit mit der GEW und einzelnen Akteur*innen der Fachschaftsräte das Kritische Lehramtsportfolio, bei dem Studierende aus ganz Sachsen die Möglichkeit hatten, Texte zu kritischen Themen des Lehramtsstudiums zu veröffentlichen.
Im Oktober 2022 haben wir eine Umfrage für alle Lehramtsstudierende Sachsens durchgeführt, mit welcher herausgefunden werden sollte, wie zufrieden Lehramtsstudierende mit den Praktika im Studium und mit einzelnen Aspekten der Praktika – wie z.B. Anfahrtsweg, Betreuung im Praktikum, Vergabe der Plätze – sind. Die Ergebnisse der Umfrage konnten bei der Staatlichen Kommission für Lehrer[*innen]bildung vorgestellt werden. Wir konnten aufdecken, dass es weitaus nicht genügend Kapazitäten für Praktika an Schulen gibt und die Vergabe der Plätze der intransparent ist. Außerdem werden Studis durch lange und uneinheitliche (in jedem Fach mit anderen Anforderungen verbundene) Praktikumsberichte und fehlender finanzieller Unterstützung für Praktika zusätzlich belastet. Die Erkenntnisse wollen wir künftig nun nutzen, um diese Situation zu verbessern.

 

9. Ökologie: Greenwashing oder wirkliche Nachhaltigkeit im Dienste der Wissenschaft?

 

Der Referent für Ökologie der KSS, Roman, mit zwei StuRa-Menschen auf einem Ökologie-Referate-Vernetzungstreffen

KSS-Referent für Ökologie, Roman, auf einem Vernetzungstreffen der Ökologiereferate

Obwohl Klimagerechtigkeit durch Fridays For Future und vielen weiteren Nachhaltigkeitsinitiativen schon seit vielen Jahren vorangetrieben wird, hat sich an den sächsischen Hochschulen bisher wenig getan. Daran änderte auch das Positionspapier der AG zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit der Landesrektor*innenkonferenz (LRK) nichts. Zu diesem Minimalkonsens haben wir uns als KSS in dieser Amtszeit wiederholt kritisch geäußert und unser Referent für Ökologie konnte im Interview mit der Sächsischen Zeitung eindrucksvoll darstellen, wie wir uns wirklich klimagerechte Hochschulen – ganz ohne Greenwashing – vorstellen. Die Besetzung des Audimax an der Universität Leipzig haben wir konstruktiv begleitet, sind mit den Besetzer*innen ins Gespräch gekommen und haben an einer Verhandlungsrunde zwischen den Aktivist*innen und dem Rektorat der Uni Leipzig teilgenommen. Ein weiteres wichtiges Projekt war die Vernetzung der Ökologiereferate der sächsischen Studierendenräte. In einem Präsenztreffen im Wintersemester konnten wir uns über gemeinsame Projekte der einzelnen Studierendenschaften, aber auch über konkrete Herausforderungen an der eigenen Hochschule austauschen. Aufgrund der positiven Resonanz für das Format, ist auch ein erneutes Treffen im kommenden Sommersemester in größerer Runde geplant. Die KSS war auch in diesem Jahr viel mit sachsenweiten Austauschformaten zu Nachhaltigkeit beschäftigt und beteiligte sich dazu beispielsweise beim Vernetzungstreffen „regio n“, welches an der TU Dresden stattfand. Für die lokale Vernetzung der Nachhaltigkeitsinitiativen in Sachsen befasst sich das Ökologiereferat nun konkret mit der Planung einer Nachhaltigkeitskonferenz für Anfang 2024 und einer gemeinsamen Initiative zum klimaneutralen (Um-)bauen an den sächsischen Hochschulen.

 

10. Unterstützung der Hochschulen vor Ort

Foto der Sprecher*in Uta hinter einem Redner*innenpult.

Sprecher*in Uta zu ihrer kritischen Festansprache zur Feier „30 Jahre HAW in Sachsen“

Mit zwei Sprecher*innen von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs) haben wir in dieser Amtszeit einen Fokus auf die erheblichen Probleme von HAWs gelegt. Anlässlich der Feier zum 30-jährigen Jubiläum von HAWs in Sachsen haben wir unsere Kritik unter dem Motto „30 Jahre Hochschulen für angewandte Unterfinanzierung“ deutlich angebracht. Vor allem in der Lehre fehlen massiv Gelder, die Hochschulen konzentrieren sich aber lieber auf Exzellenz in der Forschung und dem Hinterhereifern von Unis – zum Beispiel ist eine ihrer größten Forderungen das Promotionsrecht für HAWs. So finden wir es immer noch verwerflich, wenn beispielsweise eine HTWK Leipzig Gelder aus dem „Zukunftsvertrag Lehre und Studium stärken“ in der Verwaltung einsetzt. Dass das fehlplatziert ist, sagt doch schon der Name der Förderung, oder?

Außerdem unterstützten wir auch weitere Kritik von Studierendenvertretung vor Ort: Durch kritische Begleitung der Amtseinführung der neuen Rektorin der Uni Leipzig, Kritik an trans*feindlicher Lehre, an Nicht-Zulassung von studentischen Senatsanfragen an das Rektorat oder an verpflichtenden Symptomangaben für Prüfungsabmeldung im Krankheitsfall, die an immer mehr Hochschulen zur Pflicht werden.

 

11. Sonstiges Einmischen in Gesetz- und Verordnungserlasse in Sachsen

Neben dem Hochschulgesetz wurden in unserer Amtszeit auch andere Gesetze und Verordnungen geändert oder erlassen, die uns Studis betreffen. Dazu gehört das neue sächsische Transparenzgesetz, zu dem wir als KSS leider nicht angehört wurden, aber viel Kritik hatten – Hochschulen sind bis auf Informationen über abgeschlossene Drittmittelprojekte einfach komplett von der neuen Transparenzpflicht für staatliche Einrichtungen ausgenommen! Immerhin freuen wir uns jedoch darüber, nun zumindest dieses Auskunftsrecht in Sachsen erhalten haben zu können und gehen den Hochschulen damit künftig vielleicht mal mehr auf den Nerv.

Außerdem gab es eine Novelle der Hochschulsteuerungsverordnung, die wir zwar grundsätzlich positiv fanden, aber noch viel Luft nach oben sehen – von ausfinanzierten Hochschulen, die nicht an guter Lehre sparen müssen, sind wir noch weit entfernt.

Und schließlich gab es auch zur 200-Euro-Einmalzahlung eine sächsische Verordnung, deren Entwurf am Ende wesentlich positiver war als das Endergebnis – am finalen Antragsverfahren gab es viel zu kritisieren.

 

12. KSS-Interna: Finanzsicherheit und Strukturen sichern

Neben all der inhaltlichen Arbeit steht und fällt eine Organisation dennoch mit ihrer internen Struktur. Auch wenn diese Aufgaben immer recht müßig sind und die Studierendenschaften das manchmal gern kritisieren (so ehrlich sind wir mal) haben wir uns auch viel mit uns selbst befasst! 😀

Denn es sind einige Haushaltsabschlüsse der letzten Jahre liegen geblieben. Drei an der Zahl. Diese mussten wir also erstmal nachholen, was bedeutet hat, dass wir zahlreiche alte Belege und Akten wälzen mussten und langweilige Berichte geschrieben haben, über die Auslastung mancher Haushaltsjahre. Damit sind wir jedoch gut vorangekommen. Der Abschluss für die Amtszeit 19/20 ist nun bereits durch und die folgenden zwei Jahre haben wir ebenso so gut wie fertig. Die nächste Amtszeit startet also womöglich ohne diese Laster.

Foto der Amtsträger*innen der KSS beim Essen vor Arbeitstagen. Von links nach rechts sind zu sehen: Fay (Feminismus), Cao (Mobilität), Uta (Sprecher*in), Mathias (Öffentlichkeitsarbeit), Maximilian (Koordination), Lubo (Finanzen) und Bine (Sprecherin).

So sehen Geschäftsessen der KSS aus: Die sächsischen Mensen haben wir gut durchgetestet!

Aber darauf wollten wir uns nicht ausruhen: Denn die KSS existiert bislang eher in einer „Grauzone“ als Rechtsform. Somit ist es momentan also schwierig, bspw. Rücklagen zu bilden oder mehrjährige Anstellungen zu tätigen. Das wollen wir durch das Gründen eines Vereins zur finanziellen Unterstützung der KSS lösen. Hierfür wurde eine grobe Vereinsstruktur bereits geplant und erste Entwürfe für Satzungen und Ordnungen verfasst. Da das alles jedoch sehr viel Zeit einnimmt, die bei den geballten inhaltlichen Aufgaben im letzten Jahr schwer einräumbar war, haben sich hiermit bereits die künftigen Amtsträger*innen der KSS befasst, welche das Anliegen im nächsten Jahr schließlich auch weiterhin verfolgen werden.

Auch in der Teamzusammenarbeit haben wir Fortschritte gemacht: Aus zwei Sprecher*innen, einem HoPo-Referenten, einer Lehramts-Referentin, IT-Admin und Koordination wurde in dieser Amtszeit ein großes Team von Referent*innen und Beauftragten. Die gute Arbeitsteilung und eine produktive Zusammenarbeit wird die KSS sicher in der nächsten Amtszeit fortsetzen.

Daneben haben wir uns aber natürlich auch ganz viel vernetzt, haben Treffen für die sächsischen HoPo-Menschen veranstaltet, waren zu Bundesaustauschen in Berlin und sogar mal im Europäischen Parlament in Brüssel bei der europäischen Studierendenvertretung zu Gast.

 

13. Ausblick: Wir sagen Tschüssi!

Wow – ursprünglich sollte dieser Jahresrückblick gar nicht so doll lang werden. Da haben wir wohl jedoch ne ganze Menge an Themen bearbeitet. Damit wirkt es sicherlich auch sehr gerechtfertigt, dass so manche unserer Amtsträger*innen sich nun endlich wieder ihrem Studium widmen sollten.

Foto der beiden Sprecher*innen, die sich vor dem Logo des StuRa TU Dresden ein High Five geben.

Unsere Sprecher*innen sind happy: Die Amtszeit doch nicht nur gegen Wände angekämpft, sondern auch etwas erreicht!

Weil wir genau wissen, wie schnell das alles mit diesem ganzen Engagement überhandnehmen kann, hier noch ein paar Dinge, die wir neben all diesen Themen in den letzten Monaten gelernt haben:

  • „Das ist alles nur Ehrenamt und eigentlich sind hauptberuflich tätige Personen für den ganzen Bums zuständig! (Ja, auch wenn die unfähig sind!)“
  • „Nachtschichten sind zwar spannend, aber produktiver ist Hopo-Studi mit genügend Schlaf.“
  • „Nein, auch Hochschulen halten sich nicht immer an wissenschaftliche Erkenntnisse. Das ist zwar traurig, aber es wird leichter, wenn wir das akzeptieren.“

…und ganz wichtig: „Keine*r ist mit den eigenen Problemen allein!“

Für die nächsten Amtszeiten wünschen wir uns sehr, dass die studentische Stimme noch mehr gehört wird. Denn nur so lässt sich wirkliche Qualität an den sächsischen Hochschulen auch sichern. Einige von uns, wie unsere beiden Sprecher*innen, geben das Amt nun ab. Einige trauen sich diese Aufgabe auch noch eine weitere Amtszeit zu. Wir wünschen dabei ganz viel Erfolg und freuen uns auf die weiteren Stories und Erfolge der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften!

Bis bald!