Meine Krankheit geht euch gar nichts an!

Landesstudierendenvertretung kritisiert Pflicht zur Angabe von Symptomen bei Krankmeldungen

Mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entfällt die Mitteilung über die Krankmeldung auf Papier für die Arbeitgeber*innen. Diese haben bislang jedoch auch Studierende benötigt, um sich im Krankheitsfall von Prüfungen abmelden zu können. Die elektronische Krankmeldung kann allerdings nicht an die Hochschulen übermittelt werden. Das führt dazu, dass die Praxis der sogenannten „Prüfungsunfähigkeitsbescheinigungen“ nun vermehrt Anwendung findet. Im Unterschied zum bisher üblichen Krankenschein (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ‚Gelber Schein‘) müssen die Studierenden hierbei jedoch auf einem durch die Hochschulen ausgegebenem Formblatt oft Symptome oder sogar Diagnosen offenlegen. Zudem können für die Ausstellung dieser Bescheinigungen Gebühren bei den Ärzt*innen anfallen, welche die Hochschulen nicht übernehmen. Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) kritisiert diesen Eingriff in die Privatsphäre Studierender sowie die zusätzliche finanzielle Belastung scharf und fordert einheitliche Regelungen im Hochschulgesetz.

Gemäß Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (1) kann eine Prüfungsunfähigkeit aufgrund von Krankheit nur durch den Prüfungsausschuss des jeweiligen Studiengangs festgestellt werden. Auf welcher Grundlage diese Entscheidung getroffen wird (z.B. ärztliche Arbeits- oder Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung), variiert derzeit je nach Prüfungsordnung. Die letzte Entscheidung über die Zulässigkeit einer Prüfungsabmeldung aufgrund von Krankheit treffen jedoch die Prüfungsausschüsse, welche aus Professor*innen und teilweise auch Studierenden der Fakultät bestehen. Paul Steinbrecher, Referent für Hochschulpolitik der KSS kritisiert diese Praxis: „Wenn es nicht gerade die Medizinische Fakultät ist, haben die Mitglieder des Prüfungsausschusses unseres Erachtens nahezu keine Kompetenzen, um darüber zu entscheiden, ob die vorliegende Krankheit der Studis zur Prüfungsunfähigkeit führt oder nicht. Hier sollte einfach der ärztlichen Einschätzung Glauben geschenkt werden! Uns schockiert, dass den Studierenden und behandelnden Ärzt*innen so wenig Vertrauen entgegengebracht wird, dass sogar Schweigepflichten gebrochen werden müssen. Symptome und Diagnosen gehören zu den intimsten Persönlichkeitsdaten und haben auf den Schreibtischen der Prüfungsausschüsse und Sekretariaten nichts zu suchen!“

Uta Lemke, Sprecher*in der KSS, kritisiert außerdem: „Neben den datenschutzrechtlichen Bedenken haben wir auch Angst vor zu hohen Kosten. Denn die Ärzt*innen können eine Gebühr für die Ausstellung solcher Bescheinigungen verlangen. In Zeiten von akuter finanzieller Not von Studierenden müssen diese Gebühren zwingend von den Hochschulen übernommen werden!“ Außerdem üben die Studierenden Kritik am grundsätzlichen Verfahren, welches ihnen die Abmeldung von Prüfungen generell recht schwer macht: „Wenn vermieden werden soll, dass sich Studierende aus anderen Gründen als Krankheit so kurzfristig von Prüfungen abmelden, sollten lieber die regulären Abmeldefristen verlängert werden. Diese enden teilweise mehrere Monate vor der Prüfung. Für ein selbstbestimmtes Studium, welches den Studienerfolg fördert, braucht es mehr Flexibilität im Prüfungsgeschehen!“ schlägt Uta Lemke vor.

An einzelnen sächsischen Hochschulen sind die Formulare zur Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung mit Symptomangaben bereits seit Jahren Pflicht. Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften hatte bislang gefordert, dass einheitlich auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Abmeldung von Prüfungen im Krankheitsfall ausreicht. Aufgrund der Rechtslage konkretisieren die Studierenden ihre Forderung nun jedoch mit Beschluss des Landessprecher*innenrates vom 18.02.2023 und fordern eine gesetzliche Regelung wie sie beispielsweise im Hochschulgesetz von NRW zu finden ist: „Es muss einheitlich in Sachsen geregelt werden, dass wir Studis weder zur Angabe von Symptomen verpflichtet werden dürfen, noch für die anfallenden Kosten selbst aufkommen müssen! Daher erwarten wir eine entsprechende Ergänzung im sächsischen Hochschulgesetz, welches praktischerweise momentan sowieso novelliert wird“, schließt Sabine Giese, Sprecherin der KSS.

(1) Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 14.06.1983, 7 B 107/82, juris, Rn. 11; BVerwG, Beschluss vom 06.08.1996, 6 B 17/96, juris, Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 14.07.2004, 6 B 30/04, juris, Rn. 8.