Nötigung an sächsischen Hochschulen?

Hilfskräfte sollen bei der Einstellung unterschreiben, dass sie auf ihre Rechte verzichten

Die Beschäftigungsbedingungen von Studentischen Hilfskräften sind seit Monaten Thema in der sächsischen Hochschulöffentlichkeit. Nachdem sich durch mehrere Kleine Anfragen im Sächsischen Landtag herauskristallisierte, dass rechtliche Mindeststandards dieser Beschäftigtengruppe nicht eingehalten werden, schockiert nun eine neue Information die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS). An der TU Chemnitz werden Studentische Hilfskräfte gebeten, im Zuge der Vertragsunterzeichnung ein Formular zu unterschreiben, indem sie auf Mindestvertragslaufzeiten verzichten. Die TU Chemnitz ist damit offenbar kein Einzelfall.

Dazu Charlotte Blücher, Referentin Studentische Beschäftigte der KSS:

„Der äußerst sensible Moment der Vertragsunterzeichnung wird von der TU Chemnitz schamlos dafür ausgenutzt, Mindestvertragslaufzeiten zu umgehen. Hier sind Beschäftigte besonders abhängig. Sollte der Vertrag nicht zustande kommen, fällt oft eine wichtige Säule zur Lebensfinanzierung weg. Wie wir erfahren haben, existiert in der TU Chemnitz nun ein zusätzliches Formular, das während der Vertragsunterzeichnung von den Hilfskräften ausgefüllt werden soll und die Umgehung der Mindestvertragslaufzeiten legitimiert. Ob das wirklich freiwillig unterschrieben wird oder nur, um überhaupt einen Vertrag zu bekommen, ist mehr als fragwürdig. Es ist nicht abwegig, dass das Zustandekommen des Vertrages nur durch den Rechtsverzicht der Hilfskraft möglich wird – das wäre dann Nötigung.“

Weiter führt Paul Steinbrecher, Sprecher der KSS, aus: 

„An Hochschulen herrscht ein rechtsfreier Raum für studentische Hilfskräfte – die gesetzlichen Mindeststandards in Bezug auf die Arbeitsbedingungen werden umgangen. Das liegt auch an den kurzen Vertragslaufzeiten. Hilfskräfte haben Angst vor Sanktionen und Nichtweiterbeschäftigung und sprechen deshalb Probleme nicht an. Der Gesetzgeber hatte hier nachgebessert und durch das neue Hochschulgesetz Mindestvertragslaufzeiten eingeführt. Diese werden jedoch großzügig umgangen, wie auch der Fall der TU Chemnitz zeigt, an der zuletzt 94,5 % aller Verträge falsch befristet wurden. Auch an der Universität Leipzig gibt es Fälle, in denen Hilfskräfte zeitgleich mit ihrem Arbeitsvertrag ‚gebeten werden‘, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Wir fordern das Sächsische Wissenschaftsministerium unverzüglich auf, solche Zustände zu unterbinden!“